Die Fahrradbörse findet wetterbedingt in der Rathaus-Tiefgarage statt. Mehr als 60 Zweiräder wechseln die Besitzer.

Die Wetterprognosen sind denkbar schlecht gewesen für die Fahrradbörse, die eigentlich auf dem Belforter Platz vor dem Rathaus stattfinden sollte. Doch ganz kurzfristig, noch am Abend vorher, eröffnete der Oberbürgermeister Martin Georg Cohn den Machern von RadL, einer Gruppe der Lokalen Agenda Leonberg, die Möglichkeit, die Tiefgarage unter dem Neuen Rathaus für die alljährliche Fahrradbörse zu nutzen. „Dafür sind wir sehr dankbar“, betonte Sebastian Werbke. Dort war es zwar auch eisigkalt, aber zumindest trocken, wenn es denn geregnet hätte.

 

Citybikes und Kinderräder

Ab dem frühen Samstagvormittag füllt sich der freie Platz in der Tiefgarage. Verkaufswillige bringen ihre Räder, von denen sie sich trennen wollen, und legen ihre Wunschpreise fest, die sie für ihren neueren oder älteren Drahtesel erzielen wollen. Die Aktiven von RadL füllen Formulare aus und hängen Nummern an die Räder. 120 Zweiräder aller Art füllen schließlich den provisorischen Verkaufsraum: Citybikes, Touren- und Trekkingräder, Mountainbikes und auch Pedelecs. Dazu eine Vielzahl von kleinen, bunten Kinderrädern. Sogar zwei Rennmaschinen ergänzen das Sortiment. „Mit denen muss man sich schon auskennen. Das sind Liebhaberteile, eventuell auch zum Ausschlachten“, meint Sebastian Werbke, der an diesem Morgen anstelle des eigentlichen RadL-Sprechers Reinhard Siegfahrt über die Aktion informiert.

Walburg Wankmüller, die selbst jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit unterwegs ist, sieht die Börse als „eine gute Gelegenheit“. Sie will später für sich selbst nach einem Rad schauen. Doch zuerst bringt sie das Rad ihres Vaters, der selbst nicht mehr radelt, zum Verkauf. Sollte das keine Abnehmer finden, dann geht es zu der wachsenden Zahl jener Räder, die für Menschen in Afrika gespendet werden, hat sie beschlossen. Denn die Fahrradbörse ist nicht nur eine Möglichkeit für Privatleute, gebrauchte Räder zu verkaufen und zu kaufen, sondern sie dient auch einem guten Zweck. Gespendete Fahrräder werden in Zusammenarbeit mit der Naturschutzjugend Weil der Stadt für die Aktion „Räder für Afrika“ für den Transport nach Tansania oder in andere Länder vorbereitet. 60 Räder aller Größen kommen bei der diesjährigen Fahrradbörse dafür zusammen, bilanzieren die Aktiven nach der Veranstaltung.

Feintuning im Repair Café

Zwar machen Kaufinteressenten reichlich Gebrauch von der Möglichkeit, Räder vor Ort auszuprobieren. Doch jeder Käufer ist für die Verkehrssicherheit seines erworbenen Drahtesels selbst verantwortlich. Vor allem die Bremsen und die Beleuchtung müssen funktionieren, sagt Günter Stiefel, der beim Repair Café der Lokalen Agenda aktiv ist. „Sollte es dann doch etwas zu reparieren geben, können die Leute zu uns ins Repair Café kommen, das jeden zweiten Samstag im Bürgerzentrum Stadtmitte stattfindet. Da haben wir auch eine Fahrradwerkstatt“, erklärt er.

Seit 20 Jahren gibt es die Fahrradbörse in Leonberg, erzählt Sebastian Werbke, der auch als Stadtrat in der Fraktion von Bündnis90/Grüne aktiv ist. Früher fand sie auf dem Bürgerplatz vor der Stadthalle statt, inzwischen ist sie auf den Belforter Platz umgezogen. „Normalerweise werden 60 bis 80 Räder verkauft“, so seine Erfahrung aus den Vorjahren. Und gut die Hälfte der angebotenen Räder wechseln auch dieses Jahr wieder die Besitzer. Besonders rege würden auch Kinderräder nachgefragt.

Gleich drei solcher Räder nimmt eine Frau mit ihren Kindern mit. Sie wird begleitet von einer ehrenamtlichen Betreuerin vom Arbeitskreis Asyl. Geflüchtete Menschen können für einen kleinen Beitrag Fahrräder erstehen, die aus den Verkaufserlösen der Fahrradbörse finanziert werden. Denn zehn Prozent der Verkaufspreise gehen an die Veranstalter von der Lokalen Agenda. „Damit hat RadL nun auch wieder eine finanzielle Grundlage, die uns in unserer Arbeit unabhängig von Zuschüssen macht“, erklärt Sebastian Werbke. Dass die Stadt Leonberg seit zwei Jahren mit Johannes Bohle einen „fachlich sehr erfahrenen Fahrradkoordinator“ im Bereich innovative Mobilität beschäftigt, zeigt den Stellenwert, den das Radfahren hat. Die Stelle sei damals mit Fördergeldern geschaffen worden, erklärt der Kommunalpolitiker Werbke. Verbesserungen für radelnde Verkehrsteilnehmer gebe es in der Stadt durchaus immer wieder an verschiedenen Stellen. „Es geht in kleinen Schritten vorwärts“, so Werbke.